Zu Besuch bei Ahmed
Bäuerliche Imkerei in Ghana
Ich traf Ahmed Madzigbe im September 2023 bei meiner Familienreise nach Ghana in Jasikan, in der Oti Region, die im Osten Ghanas zwischen dem Fluss Volta und der togolesischen Grenze gelegen ist.
Zwischen Ghana und Togo befinden sich in einem Mittelgebirgszug die vielen Familienfarmen der Dörfer, auf denen noch überwiegend traditionelle Landwirtschaft betrieben wird. Hier sind kaum große Plantagen- und Feldpflanzungen zu finden. Die meisten Farmen gehören einzelnen Familienangehörigen und sind kleine Flächen, die über die gesamte Region bis ins Nachbarland Togo verteilt sind. Angebaut wird überwiegend für die Versorgung der Familien und für den lokalen Markt. Nur wenige Produkte werden über Großhändler aufgekauft und auch für den Export vermarktet. Hier werden die unterschiedlichsten tropischen Pflanzen angebaut, wie Mango, Citrusfrüchte, Erdnüsse, Reis, Ölpalme, Kakao, Kaffee, Gewürze, unterschiedlichste Gemüse- und Knollenpflanzen, wie Cocoyam, Yam und Maniok, Banane, Ananas, Baobab, Karité (Shea) und Moringa. Die Liste scheint unendlich zu sein und die Verwendung ist vielfältig. Die unterschiedlichen Früchte, Samen, Blätter und Wurzeln ernähren nicht nur die Familien, sondern werden auch für lokale Medizin und Kosmetik verwendet und in kleinen Familienbetrieben verarbeitet. Hier soll gegen jedes Leiden ein Mittel wachsen, die tropische Apotheke. Auf Kunstdünger und chemischen Behandlungen wird auf diesen Familienfarmen vollständig verzichtet und es wird hauptsächlich per Hand gearbeitet und geerntet.
Das Multi-Werkzeug ist ein großes Messer, die Machete, ohne die niemand in den Busch geht. Die Pflanzen wachsen ganz natürlich zusammen und die Farmen sind für europäische Augen als solche kaum erkennbar, sondern sehen eher wie wilde tropische Buschlandschaft aus. In der hügeligen Landschaft reihen sich Farm an Farm und sind zumeist nur durch schmale Pfade erschlossen und nur zu Fuß oder per Motorrad erreichbar.
Ich traf Ahmed in der Dorfmitte von Jasikan, er ist der beste Freund des Großonkels meiner Tochter, weshalb wir den Ausflug als kleine Familiengruppe machten. Zusammen liefen wir auf immer schmaler werdenden, schlammigen Pfaden aus dem Dorf hinein in scheinbar wilde Buschlandschaft. Agabus, der Großonkel meiner Tochter, ist Farmer und zusammen mit Ahmed wiesen sie unterwegs immer wieder auf Pflanzen und erklärten uns ihren Namen und ihre Verwendung. Beide sind wie wandelnde Naturlexika und konnten uns Auskunft über so ziemlich alle Pflanzen und Tiere geben, die wir auf unserer kleinen Buschwanderung sahen. Auf dem Weg fanden wir bereits viele Pflanzen, die wichtige Nektar- und Pollenquellen für die Wild- und Honigbienen sind, wie Akazie, Shea, Mango, Baobab, Zitrusbäume, Koriander, Kresse, Monarda (Bienenbalsam) und Lavendel.
Schließlich verließen wir den Pfad und drangen durch immer dichteres Buschland, bis wir plötzlich vor einer unscheinbaren Einraumbeute standen. Ahmed betreibt nur diese eine Beute in Dorfnähe, um die Entwicklung der Völker besser beobachten zu können und bei Bedarf schnell an Honig oder andere Bienenprodukte zu kommen. Die meisten Völker sind in auf den Familienfarmen in den Hügeln verteilt und weitverzweigt nur über Pfade erreichbar. So sind die Völker in der Nähe ihrer Trachten und er vermeidet unerwünschte Konflikte zwischen Menschen und Bienen, was auch der Akzeptanz der Imkeri gut tut.
Ahmed imkert seit ca. 22 Jahren im Kenya Hive. Er ist einer der ersten Imker in der Oti Region, der die traditionelle Zeidlerei aufgab und die Bienenhaltung in der Kenya Einraumbeute erlernte und bis heute betreibt und verbreitet. Vor 22 Jahren wurde die Magazinbeute in dieser Region eingeführt, weil die traditionelle Zeidlerei immer wieder zu Waldbränden führte und nicht sehr rentabel war. Ahmed ist, wie die meisten Imkernden in Ghana, in einer lokalen Imkervereinigung organisiert. Es gibt staatliche Programme zur Förderung der Imkerei in Beutesystemen, um z.B. den Fischern und Kleinbauern zusätzliche Einkommen zu ermöglichen und die Imkerei in Ghana zu modernisieren und als Wirtschaftszweig zu entwickeln. Auch die Behandlung der Völker zur Bekämpfung der Varroa spielte eine wichtige Rolle bei der Modernisierung der Imkerei in Ghana. Durch den Verkauf von Honig und anderen Bienenprodukten, wie Bienenwachs, Propolis und Gelée Royale können Imkernde ein zusätzliches Einkommen erzielen, das oft zur Verbesserung des Lebensunterhalts und zur wirtschaftlichen Stabilität ihrer Familien beiträgt.
Frauen spielen in der Imkerei in Ghana eine wichtige Rolle und die Einführung der Kenya Beute konnte das sehr fördern. Der Kenya Hive ist eine Einraumbeute und wird oft als Top-Bar-Hive bezeichnet. Sie ist eine lange, horizontale Beute mit beweglichen Oberleisten, den Top-Bars, auf denen die Bienen ihre Waben im Naturbau nach ihren Bedürfnissen von oben nach unten bauen können. Die Durchsicht ist sehr einfach und für die Bienen weniger störend. Die Herstellung der Beuten ist sehr einfach und kostengünstig. Deshalb hat sich diese Beutenform in vielen afrikanischen Ländern bewährt.
Leider konnte Ahmed die Beute für uns nicht öffnen. Wegen der Regenzeit war keine Flugsaison und die Bienen hätten sich gestört fühlen können. Auf die Frage meines Schwagers, was passiere, wenn er die Beute dennoch für uns öffnen würde, lachte Ahmed und sagte, dass wir uns ohne Schutzkleidung am besten sofort bäuchlings in den schlammigen Boden werfen und vergraben sollten, weil die Bienen uns massiv angreifen würden.
So zogen wir uns langsam Richtung Dorf zurück, unterbrochen von heftigen Regenschauern, die wir unter Vordächern bei befreundeten Familien verbringen durften.
Auf dem Rückweg erklärte mir Ahmed die Honiggewinnung mit seiner selbst gebauten Presse, wir tauschten uns über die Bekämpfung der Varroamilbe aus, die medizinische Verwendung von Propolis und Honig und seine Vermarktung der Bienenprodukte. Aus hoffentlich verständlichen Gründen knipste ich nicht wie wild Fotos, sondern ließ die Stimmung auf mich wirken.